Kathmandu – Spüre den Zauber Nepals

Von Melanie Schillinger

In einem gewaltigen Talkessel des mächtigen Himalaya-Gebirges, auf 1.400 Metern Höhe, liegt Kathmandu, die quirlige Hauptstadt von Nepal. Über eine Million Menschen leben hier, knattern mit ihren Motorrädern durch die staubigen Straßen, beten in den zahlreichen goldglänzenden Tempeln. Im Jahr 2015 wurden bei einem verheerenden Erdbeben viele auch historisch bedeutende Bauwerke zerstört, oder stark beschädigt. Auf dem Durbar-Platz, wo sich auch der prächtige Königspalast befindet, zeugen tiefe Risse in den Wänden alter Gebäude von dem Ereignis. Umherliegende Trümmerhaufen und Stahlstützen unter vielen Decken bestimmen das Bild. Obwohl Staub und Schmutz, der unsägliche Lärm und das schier unbeschreibliche Chaos auf den Straßen Kathmandus viel von westlichen Besuchern abverlangen, verströmt die Stadt doch einen unvergleichlichen Zauber. Besonders spürbar ist er an Orten wie Pashupatinath, dem Affentempel Swayambhunath oder rund um den prächtigen Bodnath Stupa (Sanskrit, Stupa: ein buddhistisches Gebäude).

Pashupatinath, eine der bedeutendsten Tempelstätten der Hindus

Pashupatinath mit einfachen Worten annähernd beschreiben zu wollen, ist fast unmöglich. Man muss selbst entlang des Ufers des Bagmati Flusses von Tempel zu Tempel spazieren, muss still den Familienmitgliedern bei ihren Vorbereitungen für die Bestattung ihrer verstorbenen Angehörigen zusehen, den scharfen Geruch des Rauchs und das unaufhörliche Knistern der Feuer mit Nase und Ohren wahrnehmen. Nur dann lässt sich die Magie dieses für die Hindus heiligen Ortes zumindest im Ansatz begreifen.

Ähnlich wie im indischen Varanasi verbrennen auch hier in Pashupatinath in Nepal die Hindus ihre Verstorbenen auf kleinen Scheiterhaufen. Der heilige Fluss Bagmati, der die Tempelanlage von Pashupatinath in zwei Hälften teilt, und die letzte Ruhestätte für die Überreste der Verstorbenen darstellt, mündet in seinem späteren Verlauf in den Ganges. Ein Bad im Wasser des Bagmati soll alle Sünden des Lebens von einem fortwaschen, weshalb täglich unzählige Gläubige aus ganz Nepal und von noch viel weiter her nach Pashupatinath pilgern. Ein faszinierendes Erlebnis ist es, der täglich nach Sonnenuntergang stattfindenden Pashupati Bagmati Aarati beizuwohnen. Eine äußerst stimmungsvolle Zeremonie, bei der drei Priester heilige Mantras singen und dabei brennende Öllampen und Laternen schwenken und kreisen lassen.

Im Hinduismus ist der Tod kein Tabuthema, bei dem außer der Familie und engsten Freunden kein anderer Mensch ein Teil davon sein darf. Solange du dich in Pashupatinath respektvoll verhältst, werden dir alle Menschen freundlich und trotz ihrer Trauer oft sogar mit einem Lächeln begegnen. Für mich sind die Ufer des Bagmati rund um die Arya und Surya Ghats einer der Orte in Kathmandu, die sich am tiefsten in mein Gedächtnis eingegraben haben.

Swayambhunath, wo die Affen im Tempel hausen

Wie eingangs erwähnt, schlummert Kathmandu in einem malerischen Talkessel des Himalaya-Gebirges vor sich hin. So liegt es nahe, dass es auch rund um die Stadt zahlreiche empfehlenswerte Aussichtspunkte geben muss. Einer der schönsten ist der Affentempel Swayambhunath. 365 manchmal mehr, manchmal weniger steile Stufen, führen auf den von weitem goldglänzenden Stupa mit den kunstvoll aufgemalten Augen, die wachsam und gütig auf das bunte Kathmandutal hinunterblicken.

Swayambhunath ist heute eine der ältesten buddhistischen Tempelanlagen der Welt. Oben angelangt, breitet sich ein atemberaubender Rundumblick aus, der die gesamte Stadt, sowie das massige Gebirge drumherum, miteinschließt. Auch hier oben ist die Atmosphäre eine besondere: Unzählige bunte Gebetsfahnen wehen in der sanften Brise, freche Affen turnen über die Dächer der unterschiedlichen Tempel, während die Gläubigen in andächtiger Ruhe in ihren Gebeten und Ritualen versinken. Ich folge einer Gruppe Mönche und umrunde den mächtigen Stupa des Affentempels im Uhrzeigersinn, derweil tönen und drehen sich beim Gehen die zahlreichen goldig schimmernden Gebetsmühlen in den Händen der Gläubigen.

Der majestätische Stupa von Bodnath oder die Augen Buddhas

Etwa vier Kilometer außerhalb des historischen Stadtzentrums von Kathmandu liegt ein weiterer Ort, der bei keinem Besuch der Stadt auf der ‚Must-see‘-Liste fehlen sollte: der majestätische Bodnath Stupa. Ein Taxi bringt einen für wenig Geld direkt dahin und setzt dich an einer unglaublich chaotischen Hauptstraße, vor einem unscheinbaren Durchgang und zwischen zwei Häuserzeilen, ab. Noch lässt sich nicht erahnen, welche Pracht und welcher Zauber sich gleich hinter diesen Gebäuden dem Besucher offenbaren. Bereits der erste Schritt durch das große Eingangstor gibt den Blick auf die allwissenden Augen von Buddha frei.

Unzählige Gebetsfahnen in leuchtendem Rot, Blau, Gelb, Grün und Weiß spannen sich, im Wind wiegend, von der Spitze des Stupa zu den Enden der einem Mandala nachempfundenen Terrassen. Unablässig umrunden die Gläubigen den Stupa und drehen dabei an den goldschimmernden Mühlen. Dabei murmeln sie, einem geschäftigen Bienensummen gleich, ihre Gebete. In den pittoresken Häusern rund um den heiligen Ort werden Souvenirs, Tempelglöckchen und Gebetsfahnen verkauft. Auch befinden sich hier viele Restaurants und Cafés. Schön sind die Lokale mit Dachterrasse, von wo aus man bei einer leckeren ‚Honey Latte’ das bunte Treiben auf dem gesamten Platz aus bester Perspektive überblicken kann.

Die charismatischen Augen, die sich auf den meisten Tempeln in Nepal aufgemalt finden, bilden ein spirituelles Wahrzeichen des Landes. Oft an allen vier Seiten eines Stupa und wie in die Ferne weisend, symbolisieren sie den allumfassenden Blick und die unendliche Weisheit Buddhas. Am magischsten ist ein Besuch beim 36 Meter hohen Bodnath Tempel wohl während einer Vollmondnacht. Auf den einem Mandela nachempfundenen Terrassen und um das Gebäude herum, werden tausende kleiner Butterlämpchen entzündet, was für einen wirklich bezaubernden Anblick sorgen muss.

Thamel, mehr als nur das Zentrum für Touristen

Das touristische Zentrum der nepalesischen Hauptstadt befindet sich in Thamel. Bei Reisenden aus aller Welt bekannt, findet man in diesem quirligen Stadtteil noch einiges mehr als nur zahlreiche und billige, wie Perlen an einer Schnur aneinander gereihte Souvenirshops, aufdringliche und lautstarke Tourenanbieter, einfache Guesthouses, Restaurants und Cafés. Obwohl ein gemütlicher Bummel durch eben diese lauten, chaotischen und staubigen Gässchen zugegebenermaßen auch seinen ganz speziellen Reiz hat. Vor allem die auf einen Schlag gleich viel ruhigere Mandala Street im Herzen von Thamel ist eine echte Oase. Lauschige Dachterrassen, individuelle Shops und hübsche Restaurants, in denen es sich ganz traditionell auf weichen Kissen auf dem Boden sitzt, locken hier mit Ruhe, entspannten Einkaufsfreuden und nepalesischen Köstlichkeiten. Die Momos mit den verschiedenen Füllungen aus Gemüse, Fleisch und Käse muss man einfach probiert haben.

Ebenfalls in Thamel befindet sich der zum UNESCO Weltkulturerbe gehörende Durbar-Platz mit dem Königspalast. Einer der Orte, den das Beben vor nun sechs Jahren besonders schlimm verwüstet hat. Dennoch lohnt sich ein Besuch, denn die Dichte an historischen Gebäuden und Palästen, die alle im gleichen, farbenfrohen nepalesischen Architekturstil erbaut wurden, ist unübertroffen. Während sich Hunderte von Tauben auf den mit filigranen Holzschnitzereien verzierten Balkonen und Tempeldächern tummeln, zeigt sich jeden Tag um 16 Uhr die Kumari Devi im Kumari Ghar Tempel. Ein Mädchen, das vom Volk zu einer lebenden Göttin ernannt wurde.

Neben dem Durbar-Platz gibt es noch zwei weitere königliche Plätze, die allerdings beide etwas außerhalb von Kathmandu liegen. Bhaktapur, etwa 13 Kilometer östlich, und der Patan Durbar Square in Lalitpur. Alle drei finden sich auf der Liste der UNESCO Weltkulturerbestätten. 

Zum Abschluss eines anstrengenden Sightseeingtages in Kathmandu empfiehlt sich eine wohltuende Massage in der Blind Massage Clinic „Seeing Hands Nepal“ in Thamel. Richtig gelesen – bei ‚Seeing Hands‘ wird man von einem blinden Menschen massiert. Um das fehlende Sehvermögen bestmöglich auszugleichen, sind ja bekanntlich die übrigen Sinne stärker ausgeprägt, so zum Beispiel eben auch der Tastsinn und damit das Gefühl in den Fingerspitzen… und was das für verspannte Schultern und Nacken bedeutet, muss nun nicht extra erklärt werden, oder? Mit einem nahezu reinkarnierten Gefühl geht es danach wieder hinaus in das bunte Treiben der Hauptstadt.

Natürlich gibt es in, und vor allem auch rund um Kathmandu noch viele weitere interessante Orte, die man als Reisender besuchen kann und die sich lohnen. So viel mehr gibt es noch zu entdecken in diesem kleinen, feinen Staat, inmitten der alles beherrschenden Bergwelt des Himalaya-Gebirges. Orte und definitiv auch Momente, die mir bis heute unvergesslich in Erinnerung geblieben sind. Steht Nepal auch auf deiner Bucket List?

 

Na, neugierig geworden? Den ganzen Bericht gibt es in unserer Ausgabe Sommer 2021 – in print oder digital.

Über die Autorin: Melanie Schillinger

Melanie Schillinger, eine bekannte Autorin und Reisebloggerin, hat mit 30 Jahren ihren festen Job an den Nagel gehängt, die meisten ihrer Sachen verschenkt oder verkauft, und von dem Geld das erste Oneway-Ticket ihres Lebens gebucht. Melanie liebt den Duft von Sommerregen, Kokosnüsse in allen Variationen und Schokolade. Auf Instagram unter @goodmorningworldblogund ihrem Reiseblog goodmorningworld.de informiert sie ihre wachsende Fangemeinde über ihre Reisen an die schönsten Orte dieser Welt. Regelmäßig schreibt sie in unterwegs… und lässt uns exklusiv und hautnah an ihren Reiseabenteuern teilhaben – immer auf der Suche nach dem nächsten Gänsehautmoment. 

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Bildnachweis: shutterstock: jaturunp, Melanie Schillinger

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