von Michelle Mühlbeyer

Kenia – auf der Spuren der Big 5

Einmal einen Sonnenuntergang in der Savanne sehen, den Big Five begegnen und einem Löwen in die Augen schauen. Das war schon immer ein großer Traum von uns. Somit stand für uns schnell fest: unsere nächste Reise soll mit einer Safari verbunden sein. Mit dieser Entscheidung kamen allerdings auch einige Fragen auf uns zu: Wohin? Welches Hotel? Selbstbucher oder über eine Organisation? Welche Impfungen benötigen wir? Wie lange? Und noch einige weiteren Fragen. Schrittweise nähern wir uns dem Thema an. Im Internet fanden wir damals diesbezüglich sehr wenige Informationen. Daher sind sehr viele Entscheidungen spontan und aus dem Herzen getroffen worden, die wir bis heute jedoch nicht bereut haben.

Nach dem Studium diverser Informationen wurden wir uns einig, Kenia soll unser Traumziel sein. Da wir kein großes, überbuchtes All-inclusive Hotel beziehen wollten, waren wir auf der Suche nach etwas kleinerem. Wir waren offen für alles und wollten ein kleines Abenteuer erleben. Nach längerer Suche haben wir, für unsere Vorstellungen, das perfekte Haus gefunden. Das Hotel war nicht auf dem Festland, sondern auf Chale Island. Die Insel liegt nur wenige Kilometer vom Festland entfernt. Da es in Kenia auch Ebbe und Flut gibt, gab es zwei Varianten die Insel zu erreichen. Bei Ebbe mit einem Traktor und bei Flut mit dem Boot. Die Transferfahrzeuge wurden vom Hotel zur Verfügung gestellt. Man konnte diese täglich buchen, um auch wieder von der Insel herunterzukommen. Das Ganze konnte man individuell an der Rezeption festlegen. Unsere Anreise vom Flughafen zum „Hafen“ war sehr amüsant, da unser Gepäck auf dem Dach des Autos, gerade mal mit einem Spanngurt festgemacht wurde. Da die Straßen in Kenia sehr uneben sind, hatte ich sehr häufig das Gefühl, meinen Koffer nie mehr wieder zu sehen.

Auf dem Weg nach Chale Island sind wir auch an einigen Slums vorbeigefahren. Wir hatten nur einen kurzen Blick, aber man konnte schon erkennen, unter welchen Bedingungen manche Einwohner leben müssen. Dies hatten wir so bisher auch noch nicht erlebt oder gesehen. Da die Reise zur Hauptzeit sehr teuer war, entschieden wir uns, um Geld zu sparen, zum Ende der Hauptsaison und gleichzeitig zu Beginn der Regenzeit hinzureisen. Somit waren wir von Mitte bis Ende April in Kenia. Anfang Mai beginnt hier offiziell die Regenzeit. In diesem Zeitraum ist das Hotel, in welchem wir waren, auch geschlossen. Wir waren somit die letzte Runde an Gästen. Das war so entspannt und angenehm, da wir viel Platz hatten und alle Mitarbeiter sehr freundlich und individuell auf unsere Bedürfnisse eingehen konnten. Ein Highlight von vielen in diesem Hotel, war die Location des Spa-Bereiches. Die Massageliegen waren in kleinen erhöhten Häuschen mitten im Dschungel gelegen. Die Häuschen bestanden nur aus einem Raum, welcher ringsherum von Fenstern umgeben war. Somit konnte man bei der Massage super entspannen. Man hatte um sich herum nur grün gesehen und konnte perfekt dem Regen und den Tieren lauschen. Es war einfach traumhaft. So eine eindrückliche Massagelokation hatte ich bisher noch in keiner Destination gehabt. Ich war begeistert. Da man bei einer Rückenmassage den Kopf zum Boden hat, war dieser dekoriert mit einer gezeichneten afrikanischen Karte, welche die Tiervielfalt von Afrika zeigte. 

Zurück zum Thema Regenzeit im April in Kenia: Ich kann es euch echt nur empfehlen. Wie schon erwähnt, man kann richtig viel Geld sparen und bei uns hatte es nur morgens zwischen halb 9-10 Uhr geregnet – ja man konnte echt den Wecker danach stellen – und anschließend war das tollste Wetter. In dieser Zeit haben wir dann ganz gemütlich gefrühstückt. Die Regengüsse kommen spontan, sind sehr intensiv, aber dauern nicht lange an. Also nicht zu vergleichen mit dem Wetter in Deutschland. Der Strand war auch binnen einer Stunde wieder getrocknet. Bevor wir jetzt mit der Reise selbst beginnen, möchte ich vorab noch das Thema der empfohlenen Impfungen und der Malariaprophylaxe eingehen. In dem Gebiet, indem wir waren, gab es keine Gelbfieber Impflicht. Allerdings hätte es sein können, wenn unser Flug spontan umgeleitet worden wäre, dass wir einen Zwischenstopp in einem Gebiet gehabt hätten, in dem es eben diese Gelbfieberimpflicht gegeben hätte. Da wir auf solche Komplikationen keine Lust hatten, und wir wussten, dass wir uns auch viel in der Natur aufhalten und auch noch mehrere Reisen in Afrika durchführen werden, haben wir uns den Schritt getraut, uns gegen Gelbfieber impfen zu lassen. Und tatsächlich haben wir, trotz vorher gelesenen Horrorgeschichten, die Impfung super vertragen. Alle weiteren empfohlenen Reiseimpfungen hatten wir bereits gehabt. Nun stand nur noch die Frage im Raum: Malariaprophylaxe, ja oder nein? Aus dem gleichen Grund wie vorher, haben wir uns auch dafür entschieden. Und wieder haben wir diese Maßnahme super vertragen. In unserem Hotel gab es doch einige, die teilweise Durchfall, Erbrechen oder sogar Halluzinationen davon bekommen haben. Somit sollte diese Entscheidung wohl überdacht sein und von jedem selbst getroffen werden. Zum Schutz vor Insekten hatten wir uns für ‚No Bite‘ entschieden. Wir hatten beide Varianten (Haut und Kleidung). Es riecht zwar etwas unangenehm aber der Schutz war definitiv gegeben. Für mich persönlich sehr wichtig, da ich ziemlich allergisch auf Stiche reagiere. Ein kleiner Tipp von mir, packt die Flasche für die Kleidung lieber in einen separaten Beutel, diese war teilweise undicht.

Auf der Insel angekommen wussten wir zwar, dass wir eine Safari machen würden, hatten allerdings noch nichts gebucht. In derlei Dingen sind wir relativ spontan und schauen immer gerne, was es für Angebote vor Ort gibt. Die gab es tatsächlich auch in unserem Hotel. Allerdings waren sehr teuer und
unsere Erwartungen wurden damit auch nicht wirklich getroffen. Deshalb dachten wir uns, wir müssen irgendwie Kontakt zu Einheimischen herstellen, damit wir eine individuelle Safarireise nach unserem Geschmack hinbekommen. Das haben wir durch Zufall dann auch tatsächlich geschafft und es war von
Anfang der Buchung bis zum Ende der Safari ein großes Abenteuer. Und zwar haben Fabe und ich am Strand beobachtet, dass jeden Morgen bei Ebbe, Angler an der Insel vorbeilaufen. Da in Kenia alle das beste Englisch sprechen, war es kein Problem mit ihnen in Kontakt zu treten. Das taten wir auch eines Morgens. Zunächst waren sie verwundert, als wir sie angesprochen haben. Allerdings muss man sagen, sie waren zu jeder Zeit sehr freundlich und hilfsbereit. Wir schilderten ihnen unser Problem und fragten sie, ob sie irgendeinen Tipp für uns parat hätten, an wen wir uns wenden könnten. Nach längerem Überlegen und Tuscheln, teilten sie uns mit, dass sie ‚Marco‘ bescheid sagen werden und dass er uns auf der Insel besuchen wird. Einhundert Euro Anzahlung sollten wir dabeihaben. Obwohl wir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wussten, ob wir eine Safari bei diesem Mann abschließen würden). Ich war recht skeptisch und hatte Angst überfallen und abgezockt zu werden. Fabe hingegen hat das Ganze als Abenteuer gesehen, fand die Fischer auch sympathisch und meinte: „Warum denn nicht, wegrennen können wir immer noch“. Und so haben wir uns am nächsten Tag gegen 10 Uhr auf den Weg zur Bucht gemacht, mit 100 Euro und sonst nichts in der Tasche. Marco hatte schon auf uns gewartet. Im Vergleich zu den Fischern sah er wie ein Geschäftsmann aus, was wir unter diesen Bedingungen, also an diesem Standort, in dieser Bucht sehr witzig fanden. Es stellte sich heraus, dass er ungemein freundlich und engagiert war, eine Safarifirma auf dem Festland hatte und nach unserem Empfinden schon häufiger mit Touristen zusammen gearbeitet hatte, da er viele Träume und Wünsche von uns auf die Safari bezogen, von sich aus angesprochen hatte. Wir haben uns ein paar Bilder von den Übernachtungsmöglichkeiten vor Ort zeigen lassen und waren schnell hin und weg. Jetzt ging es um die Preisfrage: Wie viel sollte der ganze Spaß kosten. Marco meinte, er könne uns einen guten Preis machen, wenn wir mit einem weiteren Pärchen zusammen die Safari machen würden. Zusätzlich seien es fünf bis sechs Gamedrives, die wir pro Tag zur Verfügung hätten und eine Nachttour sei ebenfalls mit dabei. Nachdem er uns den ersten Preis genannt hatte, haben wir noch etwas mit ihm verhandelt. Witzig
war, dass er seine Preisvorschläge mit einer Krabbenschere auf einen Stein geritzt hatte. Die Atmosphäre war fernab unserer westlichen Realität, aber gleichzeitig ungeheuer witzig und abenteuerlich. Letztendlich haben wir all unseren Mut zusammengefasst und das unschlagbare Angebot angenommen. Marco hat sich sodann einen Seeigel genommen, lebendig aufgeschlagen und ihn ausgeschlürft. Uns wurde auch ein Seeigel angeboten, das haben wir jedoch dankend abgelehnt.

Unsere Entscheidung, die Safari bei Marco zu buchen, haben wir zu keinem Zeitpunkt bereut. Die Bedingungen stellten sich letzten Endes sogar noch besser da, als vorab beschrieben. Wir führten die Tour zu dritt durch: Wir beide und der Safaridriver. Es war einfach genial. Unser Guide war ein so freundlicher Mensch, der alles versuchte, uns ein unbeschreibliches Erlebnis zu ermöglichen, was ihm auch gelungen ist. Er hatte ein großes Wissen über alle Tiere und Pflanzen. Außerdem bot er uns mehr als die angegebenen fünf bis sechs Gamedrives am Tag an. An einem Morgen hat er uns vorgeschlagen, ganz früh zu starten, damit wir das Erwachen in der Savanne miterleben. Das war ein traumhaftes Erlebnis. Die Sonne hinter den Bergen aufgehen zu sehen, die zunehmende Wärme auf der Haut zu spüren… ich komme ins Träumen, es war einfach ein wunderschönes Erlebnis. So ging es für uns erst durch den Tsavo East Park und im Anschluss nach Tsavo West und zu dem Gebiet Taita Hills. Insgesamt waren es vier traumhafte Nächte gewesen. Wir fanden es auch faszinierend wie sich die Landschaft im Verlauf der Reise entwickelt hat. Angefangen von der roten Erde im Tsavo East Nationalpark, welche einen schönen Kontrast zur umliegenden Weide bildet. Bis hin zum Gebiet Taita Hills, wo einfach alles strahlend und grün war. Im Vergleich sah es in Tsavo East auch wunderschön, jedoch sehr trocken aus. In West hingegen war es saftig. Beides auf jeden Fall eine Reise wert. Kleiner Tipp von uns: zieht bei der Safari im Tsavo East Nationalpark mit dem roten Sand ein altes oder ein dunkles T-Shirt an. Wir hatten helle T-Shirts an und auch nach mehreren Waschgängen haben wir diese nicht wieder sauber bekommen.

Mit den Unterkünften war man real ein Teil der Wildnis. Beim Essen konnte es passieren, dass ein Elefant ganze fünf Meter neben dir im Schlamm gebadet hatte oder eine Gazelle vorbei sprang. Es war der absolute Wahnsinn. Die erste Nacht verbrachten wir in einem, ich nenne es mal ‚Wohnzelt‘. Dieses war bis zu den Knien hoch aus festem Material gebaut und alles andere wurde mit einer großen Plane überdacht. Innendrin gab es einen Raum mit Bett und Kleiderschrank und ein separates Bad. Es war alles sehr hellhörig und man kann sich nicht vorstellen wie Laut die Wildnis in der Nacht sein kann. Von Affenschreien, über Löwenknurren – es war alles mit dabei. An einem Tag sind wir morgens aufgestanden und haben eine Gazellenleiche vor dem Pool gefunden. Eigentlich sind die Camps abgezäunt. Allerdings ist es nicht unmöglich, dass es doch mal ein Tier über diese Absperrung schafft. So berichtete uns der Campleiter, dass es in der Nacht zum Kampf zwischen den beiden Tieren kam und dass der Löwe eben seine Beute am Pool erlegt hatte. Das alles war so neu und so aufregend, dass ich in der folgenden Nacht kaum ein Auge zu gemacht habe. Die Verpflegung in allen Camps war mit inbegriffen und jedes Mal sehr abwechslungsreich und lecker. Die Kosten für die Getränke musste von uns selbst getragen werden, was in Ordnung war. Die meisten Camps hatten zusätzlich noch einen Pool im Innenhof mit dabei, was bei der Hitze und bei dem Staub, der bei einer Safari durchaus anfallen kann, genial war. Ein anderes Camp, welches sich im Gebiet Taita Hills befand, hatte die Zimmer auf Stelzen. Auch das war ein so großartiges Erlebnis. Um zu den Stelzen zu gelangen musste man über eine Hängebrücke laufen. Ich erinnere mich an einen Abend, als wir zum Abendessen gehen wollten und unter uns alles voll mit leuchtenden Augen war. Ich vermute es waren Savannah-Katzen. In der Mitte der Stelzenhäuser gab es ein Wasserloch. Und da es Anfang der Regenzeit war, waren es nur vereinzelte Büffel und Elefanten, die uns morgens beim Kaffee besuchen kamen.

Na, Interesse geweckt? Jetzt weiterlesen in unserer Ausgabe Frühjahr 2021 – in print oder digital!

Über die Autor: innen : Michelle Mühlbeyer & Fabian Eberle

Michelle und Fabe, 30, seit zehn Jahren ein Paar, haben das Reisen und das Berichten darüber zu ihrem Hobby gemacht. Da sie immer wieder feststellen mussten, dass es zu einigen Regionen auf der Welt selbst bei Google nur wenige Informationen gibt, vor allem über die Orte, die nicht den klassischen touristischen Zielen entsprechen. Über ihre Reisen berichten sie deshalb auf Instagram auf ihrem Account @michelle_und_fabes_welt. Zur Überbrückung der Zeit Zuhause gehen sie ganz normalen Berufen nach (Ergotherapeutin und Industriemeister Metall).

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